Wie man zum Camgirl wird – Teil 4
Nachdem ich allerdings mehrere Kleider nacheinander ausprobiert hatte, beschloss ich, das sah alles irgendwie doch viel zu aufgesetzt und künstlich aus. So richtig übertrieben aufgemotzt.
Es ist halt doch ein Unterschied, ob ich mich mit jemandem in der Öffentlichkeit treffe oder so ganz privat in meiner eigenen Wohnung, wie das bei Cam2cam ja eigentlich der Fall ist. Zu Hause ist es einfach angebracht, wenn die Kleidung etwas mehr so in Richtung lässig und leger geht. Freizeitkleidung halt, zum Wohlfühlen. Wie ein aufgeputztes Huhn wollte ich ja nun nicht auf ihn wirken. Und overdressed kann genauso schlimm sein wie underdressed aufzutauchen.
Deshalb wurden es am Ende dann doch Jeans und ein Oberteil, zu denen ich mich entschied. Das Oberteil ist klasse, es zeigt sehr viel von meiner Figur und meinen Brüsten, weil es richtig knalleng ist, und an einzelnen Stellen von einem spitzenartigen Gewebe durchsetzt, von dem man immer glaubt, man könnte hindurchsehen, obwohl es überhaupt nicht durchsichtig ist.
Kurz, es ist ein wirklich sexy Oberteil, ohne dass man nun sagen könnte, ich würde es darauf anlegen, mich wirklich aufzutakeln, um ihn gleich aufzureizen oder so. Das wollte ich nun auch nicht.
Nun konnte ich bloß noch hoffen, dass es ihm auch gefiel.
Er heißt übrigens Carsten; damit er denn auch gleich einmal mit richtigem Namen eingeführt ist.
Okay, es war nun alles vorbereitet für den nächsten Abend und das Cam2cam Date. Die Arbeit war erledigt. An meiner Aufregung, die mit jeder Stunde wuchs, änderte das jedoch wenig.
Sie hielt auch den gesamten nächsten Tag an. Oder vielmehr, sie wurde noch viel, viel schlimmer. Was sich unter anderem daran zeigte, dass ich alle paar Minuten aufs Klo rennen musste.
Gegen Abend, als ich aus dem Büro nach Hause kam, war ich das reinste Nervenbündel. Ich zitterte, bekam keine Luft, konnte nichts essen, mir war heiß, und mein Herz hämmerte wie verrückt.
Am liebsten hätte ich das Cam2cam Date kurzfristig doch noch wieder abgesagt. Aber ich wusste genau, wenn ich das tat, dann konnte ich diesen Kontakt abschreiben. Carsten hatte es mehr als deutlich gemacht, dass er nun keinerlei Geduld mehr mit irgendwelchen Zicken meinerseits hatte. Entweder traf ich Carsten an dem Abend Cam2cam, oder ich traf ihn gar nicht.
Das half mir nun alles nichts – ich musste es hinter mich bringen. Irgendwie. Obwohl mir mittlerweile so schlecht war, dass ich mich am liebsten hingelegt und bloß noch geschlafen hätte.
Nun denn – es wurde eine Stunde vor der Zeit, zu der wir uns Cam2cam zusammenfinden wollten.
Jetzt musste ich mich entweder langsam für den Chat zurechtmachen, oder doch absagen und Carsten damit in den Wind schießen. Was ich nicht wollte; denn bisher hatte unser Kontakt mir sehr gut gefallen, und ich konnte mir ohne weiteres vorstellen, dass wir auch ganz real und persönlich hervorragend miteinander auskommen würden. Ja, um ehrlich zu sein, war ich sogar allein aufgrund seiner Mails schon feste dabei, mich richtig ein wenig in Carsten zu verlieben.
Also musste ich jetzt sehen, dass ich mich umgehend in die extra herausgesuchten Klamotten schmiss.
Obwohl er das nun ganz bestimmt nicht sehen konnte, sprang ich schnell noch unter die Dusche, bevor ich mich umzog, und rasierte mich dabei sorgfältig an den Beinen und unter den Armen. Ja, und auch eine Intimrasur war eindeutig mal wieder fällig, stellte ich fest, als ich mich zwischen den Beinen wusch. Das stoppelte schon richtig. Also erledigte ich das gleich mit.
Danach cremte ich mich überall ein, am ganzen Körper, tupfte etwas Parfum auf und roch daraufhin wie ein ganzer Blumenladen. Sorgfältig schminkte ich mich und machte meine Haare zurecht. Ein bisschen Fönen, ein bisschen Bürsten, ein bisschen Schaumfestiger und ein bisschen zupfen. Es geht doch nichts über eine schöne, unproblematische, recht kurze Fönfrisur.
Natürlich wurde alles nicht so, wie ich das gerne gehabt hätte, weder das Schminken noch die Haare – man ist ja nie perfekt, in den eigenen Augen, da sind wir Frauen unsere eigenen strengsten Kritiker -, aber ich fand das Ergebnis schon ganz ansehnlich. Oder zumindest passabel.
So, nun noch umziehen, und dann war es auch schon ein paar Minuten vor der verabredeten Zeit.
Ich weiß nicht, wie ich diese Minuten überstanden habe; ich weiß nur eins, es war absolut grässlich.
Ja, und dann war es endlich so weit.
Carsten war ausgesprochen pünktlich. Das gefiel mir gut. Und nun sahen wir uns das erste Mal, seit wir uns kennengelernt hatten, sozusagen direkt in die Augen, wenn auch nur per Cam2cam und mit Hilfe der Technik, die die räumliche Entfernung zwischen uns so mühelos überwand.
Zum Glück klappte mit der Technik sowohl beim Computer als auch bei der Cam alles prima und es gab keinerlei technische Probleme, die mich zum Wahnsinn gebracht hätten und im Zweifel unlösbar gewesen wären. Obwohl ich mit solchen Schwierigkeiten fest gerechnet hatte.
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