Faked
Jeder weiß, es gibt haufenweise Fakes im Netz. Trotzdem, irgendwie rechnet man doch nie damit, selbst auf einen hereinzufallen, oder?
Ich jedenfalls war fest davon überzeugt, mir passiert so etwas nicht.
Ja, und dann bin ich doch so massiv auf einen reingefallen, ich muss mich beinahe schämen, die Geschichte zu erzählen. Die ist nämlich wirklich oberpeinlich.
Angefangen hat alles in einem Chatroom. Eine gewisse Kerstin war es, die ich da an einem Abend kennen lernte.
Es war ein ganz spezieller Chat, einer für kontaktsuchende Singles, man musste also den anderen nicht viel erklären, wozu man da war und was man wollte.
Mit Kerstin kam ich eher zufällig ins Gespräch. Sie war ungeheuer offen, erzählte mir gleich, sie fühle sich einsam, und vermisse besonders auch den Sex.
Wahrscheinlich hätte genau das mich misstrauisch machen müssen, aber es hat mich im Gegenteil unheimlich angemacht. Normalerweise sind die meisten Frauen doch viel zu prüde, und bevor das Wort Sex fällt, muss die Welt untergehen.
Seitdem trafen wir uns öfter beim Chatten, wurden schnell auch intimer in unseren Anspielungen, und als wir feststellten, so weit voneinander entfernt wohnen wir gar nicht, beschlossen wir, uns auch einmal ganz real zu treffen.
Vorher telefonierten wir noch ein paar Male miteinander. Ihre Stimme war ziemlich dunkel und ganz rauchig. Absolut erotisch, wie ich fand. Ja, von wegen …
Ziemlich aufgeregt fuhr ich dann an einem späten Samstagnachmittag zum verabredeten Treffen, und mich traf beinahe der Schlag, als ich sie an ihrem knallroten, engen Minikleid aus Leder erkannte.
Die Frau sah echt klasse aus. Ihre Figur war ein bisschen eckig; überhaupt nicht der klassische 90-60-90 Kurvenschwung von Marilyn Monroe, aber ich mag das, wenn etwas nicht so perfekt ist. Ihre Titten waren jedenfalls unübersehbar unter dem engen Kleid, und wahnsinnig prall und straff. Kaum zu glauben, dass einer Frau mit 35 die Dinger noch so stehen, dachte ich noch.
Ihre Beine hätte ich mir schlanker und weniger muskulös gewünscht, aber sie hatte mir ja schon erklärt, dass sie Triathlon macht, und das sieht man den Waden nun einmal an.
Ihre Haare waren etwas anders als auf dem Bild, das sie mir geschickt hatte, fielen ganz weich im Pagenschnitt um ihr Gesicht. Gut sah das aus. Etwas heftig geschminkt erschien sie mir, aber nun gut, das schob ich darauf, dass sie unbedingt gut aussehen wollte für mich.
Ich war vollständig ahnungslos. Sie sah wirklich aus wie eine Frau; absolut hundertprozentig, das kann ich Ihnen versichern!
Wir gaben uns die Hand, ganz korrekt und auf Abstand, setzten uns, bestellten einen Kaffee, unterhielten uns eine Weile. Dann wollte ich über ihren Arm streichen, doch sie entzog sich mir, sehr abrupt, das war schon beinahe beleidigend. Irgendwann später versuchte ich es noch einmal, mit demselben Ergebnis. Ich verstand sie wirklich nicht; meine Güte, wir unterhielten uns so klasse, und ich fand auch, die Stimmung war regelrecht erotisch, und wir hatten schon über Dinge miteinander palavert, da hätte jede Nutte rot werden müssen. Was hatte sie also auf einmal?
„Lass uns zu dir gehen,“ sagte sie diesmal aber dazu, das versöhnte mich sofort wieder.
Okay, wir sind also zu mir in die Wohnung. Ich war so geil und ungeduldig, ich hätte platzen können. Kerstins massive Abwehr meiner physischen Annäherungsversuche im Café und unterwegs, als ich ihr den Arm um die Schultern legen wollte, hielt ich für Scheu, in der Öffentlichkeit miteinander zu intim zu werden. Was mich nur noch umso mehr erregte.
Die ganze Zeit spukte die Vorstellung in meinem Kopf herum, mich auf sie zu stürzen, kaum dass wir in der Wohnung waren. Das heizte mir ordentlich ein.
Ja, und dann war es soweit, wir waren endlich allein miteinander, im Flur meiner Wohnung. Doch noch bevor ich dem mittlerweile unbändigen Drang in mir nachgeben konnte, hob sie die Hand. „Ich muss dir etwas beichten,“ sagte sie. „Ich bin nicht die, für die du mich hältst.“
Zuerst dachte ich ja noch, sie wollte mir jetzt beibringen, sie hätte einen festen Partner, vielleicht sogar einen Ehemann, womöglich mit Kind. Oder dass es um ihren Job ging und der nun doch nicht so großartig war, wie sie mich hatte glauben lassen.
Was sie allerdings dann von sich gab, das hat mich wirklich umgehauen.
Ganz ruhig erklärte sie mir, sie sei keine Frau, sondern ein Mann.
Ich war sprachlos vor Entsetzen, stotterte irgendetwas, ich weiß gar nicht mehr was. Nie, nie, nie im Leben wäre ich darauf gekommen.
Alles an ihr wirkte so echt, und die Gesichtszüge, das waren unverkennbar die einer Frau. Darauf hätte ich mein halbes Vermögen verwettet.
Langsam begann sie – nun ja, langsam sollte ich sie „er“ nennen – also, langsam begann er damit, sich auszuziehen, den Mantel abzulegen, den Reißverschluss vom Kleid zu öffnen.
Irgendwann löste ich mich endlich aus meiner Erstarrung. Was bildete der Typ sich eigentlich ein? Dass ich auf einen Männerstrip aus war und auf einen Schwanz in meinem Arsch? Eine Frau wollte ich, und zwar eine, um sie wild durchzuvögeln und mir von ihr einen blasen zu lassen, ihre Titten zu streicheln und zu kneten.
Ich hatte mit Männern noch nie was am Hut, und ich hatte auch nicht vor, das jetzt zu ändern.
„Raus!“ brüllte ich. „Aber ganz schnell raus aus meiner Wohnung!“
Cool war er, das muss man ihm lassen. Er zuckte die Achseln, hob den Mantel auf und streifte ihn wieder über, mit offenem Kleid. „Dann eben nicht,“ sagte er völlig gleichmütig. „Es hätte aber wirklich gut werden können mit uns.“
Ebenso ungerührt schlurfte er an mit vorbei zur Wohnungstür. Einmal drehte er sich noch um. „Ach, falls du deine Meinung noch änderst – ich heiße Markus. Meine Telefonnummer hast du ja.“
Mit einem ziemlich lauten Knall fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Ja, und da stand ich nun mit meiner Leichtgläubigkeit …
Das nächste Mal mache ich es wie Mick in „Crocodile Dundee“ in dieser einen Bar mit der fantastischen Bardame, die auch ein Typ ist, und fasse meinem Date erst mal zwischen die Beine, um sicherzugehen. Obwohl – wenn es dann wirklich eine Frau ist, ist der Abend auch gelaufen – die rennt mir höchstens empört schreiend davon.
Wie man es macht, ist es verkehrt!
am 5. April 2005 um 23:13 Uhr. eMail
herrliche story. so eine hätt ich gern mal gesehen *g
http://tobe.blogg.de